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NPOs sagen danke für 120 Mio. Euro Testamentsspenden

Der internationale Trend, Spendenzwecke im letzten Willen zu verankern, ist auch aus dem österreichischen Spendenwesen nicht mehr wegzudenken. Noch nicht dagewesene 120 Mio. Euro wurden im Vorjahr an gemeinnützige Einrichtungen vererbt – darunter eine einzelne Testamentsspende über unglaubliche 25 Mio. Euro. Das entspricht einer Steigerung von 140% in den vergangenen zehn Jahren. Damit stellen Spenden aus dem Nachlass mittlerweile eine der wichtigsten Stützen für die Finanzierung gemeinnütziger Hilfsprojekte dar. Dafür sagten Österreichs Spendenorganisationen heute im Schlosspark Hellbrunn gemeinsam Danke und pflanzten symbolisch Vergissmeinnicht-Pflanzen.

„Sowohl das Interesse aus der Bevölkerung als auch die tatsächlichen Nachlässe zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen nehmen in Österreich seit Jahren kontinuierlich zu“, unterstreicht Günther Lutschinger, Geschäftsführer Fundraising Verband Austria, der vor über zehn Jahren die Plattform „Vergissmeinnicht“ initiiert hat, um dem steigenden Informationsbedarf zum Thema Testament und Erbrecht neutral und niederschwellig nachzukommen. Seither informiert „Die Initiative für das gute Testament“ gemeinsam mit der Österreichischen Notariatskammer kostenlos in ganz Österreich, was beim Wunsch nach einer Testamentsspende beachtet werden sollte und warum es generell wichtig ist, seinen Nachlass zu regeln. Dieses umfassende Service zeigt Wirkung: 2012 wussten noch die wenigsten, dass man einen Teil des Testaments einer gemeinnützigen Einrichtung vermachen kann, heute sind es 92 Prozent der Bevölkerung über 40 Jahre.

 

Jeder neunte Spendeneuro aus einem Testament

Fast 800.000 Österreicher (16% der über 40-Jährigen) – vor allem Menschen ohne Erben – können sich laut Market-Studie im Auftrag von Vergissmeinnicht vorstellen, eine gemeinnützige Organisation im Testament zu bedenken. Die Salzburger liegen mit ebenfalls 16% genau im Schnitt, hinter Wien (22%) oder Tirol (19%) und deutlich vor Kärnten und Vorarlberg (8%).

„Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich das Aufkommen an Testamentsspenden fast verdreifacht. Für dieses außerordentliche Engagement möchten wir stellvertretend für den gesamten Dritter Sektor herzlich Danke sagen“, so Markus Aichelburg, Vergissmeinnicht-Leiter, beim Vergissmeinnicht-Pflanzen in Salzburg. Dem schließt sich auch Johannes Dines, Direktor Caritas Salzburg an: „Herzlichen Dank an die Menschen, die im Rahmen einer Testamentsspende über das eigene Leben hinaus helfen. Das ist eine ganz besondere Hilfe, mit der wir als Caritas Salzburg sowohl die Menschen in Not hier bei uns in der Region als auch die Menschen in Ländern wie Syrien und dem Libanon maßgeblich unterstützen können. Jedes Vermächtnis ist ein Beitrag gegen Armut und Leid!“

Vom gesamten Spendenaufkommen (900 Mio. Euro 2022) stammten 120 Mio. Euro aus testamentarischen Zuwendungen, die damit mittlerweile mehr zum Gemeinwohl beitragen als Unternehmen oder gemeinnützige Stiftungen (je 10% der Gesamtspenden). Eine einzelne Testamentsspende an das Institute for Science and Technology Austria machte 25 Mio. Euro aus – eine absolute Ausnahme, denn tendenziell vererben Testamentsspender moderate Vermögen zwischen 50.000 und 100.000 Euro.

 

Österreicher möchten über den Tod hinaus Gutes tun

Einen besonders großen Interessensanstieg verzeichnet „Vergissmeinnicht“ unter der wachsenden Zahl an kinderlosen Personen. 40% von ihnen sehen im gemeinnützigen Testament eine sinnstiftende Möglichkeit, ihr Vermögen nach dem Tod gemeinnützigen Anliegen zu widmen, die ihnen schon zu Lebzeiten wichtig waren. Auch die bereits erfolgten Testamentsspenden stammen zu über 90% von alleinstehenden und kinderlosen Personen. „In unseren österreichweiten Infoveranstaltungen sehen wir aber auch bei Personen mit Nachkommen die Tendenz, dass sich immer mehr bewusst als Familie dafür entscheiden, einen Teil des Vermögens dem guten Zweck zu vermachen“, betont Markus Aichelburg. Testamentsspenden finanzieren sowohl laufende NPO-Projekte als auch völlig neue Hilfsangebote. Durch ihre Unplanbarkeit bilden sie vielfach den Samen für Neues und entfalten ihre Wirkung in allen gemeinnützigen Bereichen, unter anderem in der Unterstützung krebskranker Menschen, wie Stephan Spiegel, Geschäftsführer Österreichische Krebshilfe Salzburg, aufzeigt: „Gerade für die Österreichische Krebshilfe Salzburg sind testamentarische Spenden von großer Bedeutung, denn an Krebs zu erkranken bedeutet heute, neben der großen gesundheitlichen Belastung, leider auch vielfach finanzielle Sorgen. Jede Zuwendung ermöglicht es uns, psychologische Begleitung in Krisensituationen anzubieten, erkrankte Menschen und ihre Familien zu stützen und in der schweren Zeit der Erkrankung zu begleiten. Bei finanziellen Notlagen helfen wir mit der Krebshilfe-Soforthilfe rasch und unbürokratisch.“

 

Gemeinnütziges Testament international im Trend

Entsprechend dem Leitgedanken von „The Giving Pledge“ verpflichten sich Milliardäre auf der ganzen Welt dazu, ihr Vermögen nach dem Tod zu spenden. Seit geraumer Zeit kommt dieses Konzept aber auch in der breiten Bevölkerung zahlreicher Länder immer stärker an. Mit rund 13% vom Spendenaufkommen liegt Österreich vor Deutschland (10%) und etwa auf demselben Niveau wie die Schweiz oder Frankreich. In Belgien und den Niederlanden machen Testamentsspenden hingegen bereits über 30% aus. Auch in Österreich dürfte die Bedeutung von Testamentsspenden noch weiterwachsen: Einerseits werden immer mehr Vermögenswerte vererbt und andererseits steigt die Zahl der Menschen ohne Erben. Laut Studie des WU-Ökonomen Stefan Humer werden die vererbten Vermögenswerte bis 2030 von derzeit 15 Mrd. auf über 18 Mrd. Euro pro Jahr steigen.

 

Über die Initiative „Vergissmeinnicht“

100 Mitglieder-Organisationen aus den Bereichen Soziales, Tier- und Umweltschutz bis hin zur Kulturförderung sind Teil der Initiative Vergissmeinnicht. Sie verbindet die Überzeugung, dass man mit einem Vermächtnis für den guten Zweck nachhaltig positive Spuren hinterlassen kann. Mit einem umfassenden Serviceangebot (u.a. Vergissmeinnicht-Erbrechtsratgeber, digitaler Testamentsrechner, Online-Notarvideos) und kostenlosen Veranstaltungen klären sie seit 2012 über das Erbrecht und die Anforderungen an ein Testament auf. Der Informationsbedarf ist nach wie vor groß: Nur 30% der Personen über 40 haben bereits ein Testament gemacht. 50% bezeichnen sich als wenig bis gar nicht über das Erbrecht informiert.

 

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