Die European Fundraising Association (EFA, ein Netzwerk nationaler Fundraising-Organisationen, die zusammenarbeiten, um das Fundraising in ganz Europa voranzutreiben und zu stärken) warnt vor den massiven Folgen von Metas Ankündigung, ab 6. Oktober 2025 sämtliche Werbeanzeigen zu politischen, sozialen und gesellschaftlichen Themen in der EU zu verbieten.
Laut den am 26. September veröffentlichten Meta-Guidelines betrifft das auch Aufrufe zu Spenden, Petitionen oder Kampagnen von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Damit würden fast alle Publikationen der europäischen Zivilgesellschaft von Facebook, Instagram und anderen Meta-Plattformen verschwinden.
| In diesem Dokument finden Sie alles darüber, wie Meta „social issues“ definiert, samt konkreter Fallbeispiele und Empfehlungen für nächste Schritte: „Verbot von Anzeigen zu sozialen Themen, Wahlen und Politik in der EU“ jetzt als PDF herunterladen. |
Überzogene Interpretation der EU-Regeln
Grundlage ist die neue EU-Verordnung über Transparenz und Targeting politischer Werbung (TTPA), die am 10. Oktober 2025 in Kraft getreten ist. Diese schreibt mehr Transparenz bei Wahlwerbung und politischer Kommunikation vor – schließt jedoch Spendenaufrufe, Advocacy-Kampagnen oder NPO-Petitionen ausdrücklich nicht ein.
Meta hingegen legt die Verordnung weit aus: Als „soziale Themen“ gelten künftig auch Inhalte zu Antidiskriminierung, Frauen- und Minderheitenrechten, Klimaschutz und Gesundheit. Nur rein informative Botschaften könnten noch veröffentlicht werden. Damit verschiebt Meta die Entscheidung, was „politisch“ ist, ins eigene Ermessen – obwohl laut EU-Gesetz der Absender und nicht die Plattform dies bestimmt.
Massive Auswirkungen für NPOs
„Es geht um nichts weniger als die Meinungs- und Informationsfreiheit in Europa“, betont EFA-Direktor Eduard Marček. Besonders betroffen seien Nonprofit-Organisationen, die auf digitale Kommunikation angewiesen sind, um Mitglieder, Freiwillige und Spenden zu gewinnen. EUROSTAT zufolge nutzten 2023 rund 59 % der Europäer:innen soziale Medien – Facebook und Instagram zählen dabei zu den wichtigsten Kanälen für NPOs.
Die EFA hat Berichte aus mehreren Ländern gesammelt, die ein deutliches Bild zeichnen: Die aktuellen Einschränkungen von Meta führen laut zahlreichen Organisationen zu erheblichen Verlusten bei neuen Kontakten und zukünftigen Dauerspender:innen. Ein mögliches Werbeverbot könnte Spendenrückgänge von über 50 %, sinkende Sichtbarkeit und steigende Kosten zur Folge haben – manche Organisationen sehen sogar ihre Existenz bedroht. Besonders gefährdet sind kleinere NPOs, die stark in Online-Fundraising investieren, sowie Organisationen aus dem Gesundheits-, Sozial-, Menschenrechts- und Umweltbereich, deren Inhalte oft nicht als „berechtigt“ für Werbung gelten. Insgesamt gefährden die neuen Regelungen die Reichweite, Sichtbarkeit und Finanzierungsbasis vieler NPOs in Europa.
Besonders kritisch auch das Timing: Das Werbeverbot tritt kurz vor den wichtigen Jahresendkampagnen in Kraft, die traditionell einen Großteil der Spenden sichern. In einer Zeit, in der viele NPOs gleichzeitig mit Rezession, steigenden Bedarfen und gekürzten Budgets kämpfen, bedeutet dies einen „brutalen Schlag“ für die Zivilgesellschaft.
„Dieses Verbot trifft nicht anonyme Institutionen, sondern engagierte Menschen, die sich für andere einsetzen. Es schwächt die, die ohnehin schon mit knappen Mitteln arbeiten – und damit letztlich die gesamte Zivilgesellschaft. Wir brauchen faire Rahmenbedingungen, nicht zusätzliche Hürden.“
– Ruth Williams, Geschäftsführerin des Fundraising Verband Austria
Forderungen der EFA
Die EFA unterstützt die Ziele der TTPA – mehr Transparenz und Schutz demokratischer Prozesse – verurteilt aber Metas Entscheidung als missbräuchliche Anwendung des Gesetzes. Die EU-Kommission erarbeitet derzeit Leitlinien zur Umsetzung der neuen Verordnung, die möglicherweise gewisse Spielräume für Non-Profit-Organisationen eröffnen könnten. Allerdings besteht für die Plattformen keine Verpflichtung, diese Leitlinien auch umzusetzen. Die EFA fordert die Kommission daher auf, die Leitlinien so bald wie möglich zu veröffentlichen und alle relevanten Akteur:innen an einen Tisch zu bringen, um eine gemeinsame Auslegung der Verordnung sicherzustellen – eine, die die Rechte aller respektiert und mit den Grundsätzen der EU-Grundrechtecharta im Einklang steht (insbesondere Artikel 11: Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit).
Wenn Sie noch Fragen haben oder uns berichten wollen, inwiefern Ihre Organisation betroffen ist, können Sie uns gerne kontaktieren.
Alles über den Hintergrund der Verordnung, was sich konkret ändert und was Ihre Organisation jetzt tun muss, lesen Sie in unserem letzten Beitrag über dieses Thema.
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