Ab Anfang Oktober 2025 werden auf Facebook, Instagram, Threads und vermutlich auch auf WhatsApp keine bezahlten Anzeigen mehr zugelassen, die sich mit Politik, Wahlen oder gesellschaftlich relevanten Themen befassen. Der Grund ist die neue EU-Verordnung zur Transparenz politischer Werbung (TTPA), die am 10. Oktober 2025 europaweit verbindlich wird.
Was ändert sich konkret?
- Ende politischer Ads: Ab Oktober 2025 untersagt Meta in allen EU-Staaten bezahlte Anzeigen, die politische Inhalte oder gesellschaftspolitische Themen betreffen (mehr dazu, was Meta darunter versteht, findet Sie hier. Seitens der EU-Mitgliedsstaaten gibt es diesbzgl. keine einheitlichen Definitionen – diese werden künftig noch genauer etabliert). Damit entfällt für Parteien, Bewegungen, NPOs und auch Unternehmen ein bislang zentraler Kanal zur Reichweitenverstärkung. Organische Posts bleiben erlaubt – entscheidend ist, dass keine bezahlte Ausspielung mehr möglich ist.
- Betroffene Plattformen: Die Entscheidung umfasst Facebook, Instagram und Threads. Mehrere Medien berichten, dass auch WhatsApp, wo in kleinem Rahmen Anzeigen getestet werden, einbezogen ist. Damit verschwindet für Non-Profits fast das gesamte Meta-Werbeökosystem als Paid-Channel für gesellschaftspolitische Anliegen.
- Motive von Meta: Das Unternehmen erklärt, dass die EU-Verordnung so umfangreiche Prüfpflichten und Dokumentationsauflagen vorsieht, dass eine einheitliche Umsetzung über 27 Mitgliedstaaten hinweg nicht leistbar sei. Man wolle laut Meta vermeiden, dass sich Nutzer:innen und Organisationen in einem schwer durchschaubaren Regulierungsrahmen bewegen.
Hintergrund: Die neue EU-Verordnung TTPA
- Zielsetzung: Mit der Verordnung (EU) 2024/900 verfolgt die EU das Ziel, politische Werbung transparenter zu machen, Missbrauch einzudämmen und Wahlmanipulation durch intransparente Kampagnen zu verhindern. Die Verordnung wurde 2024 beschlossen und gilt ab dem 10. Oktober 2025 in allen Mitgliedsstaaten.
- Kernpunkte:
- Kennzeichnungspflicht: Jede politische Anzeige muss klar erkennbar machen, dass es sich um Werbung handelt, wer sie finanziert hat und welchen politischen oder gesellschaftlichen Bezug sie hat.
- Transparenzregister: Alle politischen Anzeigen müssen in einer öffentlich zugänglichen Datenbank archiviert werden, inklusive Angaben zu Ausgaben, Reichweite und Zielgruppenkriterien.
- Targeting-Regeln: Nutzer:innen dürfen nur dann gezielt angesprochen werden, wenn sie dem ausdrücklich zugestimmt haben. Bestimmte sensible Daten wie Religion oder politische Ansichten dürfen nicht genutzt werden. Minderjährige sind vollständig ausgenommen.
- Externe Einflussnahme: Werbung, die von außerhalb der EU finanziert wird, ist in den drei Monaten vor einer Wahl oder einem Referendum verboten.
- Sanktionen: Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen. Medienberichte (z.B. AP-News) sprechen von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens – ein Hebel, der insbesondere für Tech-Konzerne mit Milliardenumsätzen massiv ins Gewicht fällt.
Was tun andere Plattformen?
Meta ist nicht allein: Auch Google hat bereits angekündigt, in der EU künftig keine politische Werbung mehr anzubieten. Die großen Plattformen ziehen sich also gleichzeitig aus diesem Feld zurück, was die Reichweitenoptionen für NPOs und Parteien drastisch reduziert.
Auswirkungen auf Non-Profit-Organisationen
1) Einschränkungen bei gesellschaftlichen Kampagnen
Viele NPOs nutzen Paid Ads, um Themen wie Klimaschutz, Gleichstellung, Menschenrechte oder Armutsbekämpfung in die Öffentlichkeit zu tragen. Genau diese Kampagnen werden ab Oktober 2025 nicht mehr über Meta-Ads möglich sein.
2) Breite Definition von „politisch“
Die EU-Verordnung versteht unter politischer Werbung nicht nur klassische Wahlwerbung, sondern auch jede bezahlte Kommunikation, die öffentliche Debatten beeinflussen könnte. Damit fallen viele NPO-Kampagnen in diese Kategorie, auch wenn sie keine Partei unterstützen.
3) Was bleibt möglich?
- Organische Posts: NPOs können weiterhin Inhalte posten, sie aber nicht durch Ads verstärken.
- Reine Spendenkampagnen: Klassische Aufrufe wie „Jetzt spenden“ ohne Bezug zu politischen oder gesellschaftlichen Prozessen könnten weiterhin erlaubt sein – die Grenze ist aber unscharf und sollte sorgfältig geprüft werden.
4) Verschiebung der Kommunikationsstrategien
Ohne Paid-Ads auf Meta müssen NPOs verstärkt auf andere Kanäle setzen:
- E-Mail-Marketing und Newsletter
- Suchmaschinenoptimierung (SEO)
- Kooperationen mit Influencer:innen
- Klassische Medienarbeit
- Eigene Communities auf Plattformen wie LinkedIn oder Mastodon
Handlungsempfehlungen für NPOs
- Analyse starten: Überprüfen Sie alle laufenden Kampagnen auf politischen oder gesellschaftlichen Bezug.
- Budgets neu verteilen: Planen Sie, Gelder aus Facebook- und Instagram-Anzeigen in organische Reichweite und alternative Kanäle umzuschichten.
- Kampagnen trennen: Halten Sie Spendenwerbung und politische Kommunikation klar auseinander.
- Transparenz vorbereiten: Wenn Sie auf anderen Kanälen politisch werben, stellen Sie sicher, dass Kennzeichnungen, Sponsorenhinweise und Dokumentationen vorhanden sind.
- Frühzeitig handeln: Richten Sie Ihre Kommunikationsstrategie rechtzeitig neu aus – spätestens zum Inkrafttreten der TTPA im Oktober 2025.
Fazit
Das Ende politischer Werbung auf Meta ist ein einschneidendes Ereignis für die digitale Kommunikation in Europa. Für Non-Profits bedeutet es den Verlust eines wichtigen Verstärkers für gesellschaftliche Anliegen. Gleichzeitig fordert es den Sektor dazu auf, kreativere Wege zu finden – von stärkeren organischen Kampagnen über persönliche Netzwerke bis hin zu klassischen Medienkooperationen. Klar ist: Der digitale Raum für Advocacy wird sich nachhaltig verändern.
Hinweis: Dieser Beitrag dient der Einordnung aus Kommunikations-/Fundraising-Perspektive und ersetzt keine Rechtsberatung.
Quellen und weiterführende Links
- Meta Transparency Center: Wahlwerbung bzw. Werbung zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen
- Meta Newsroom: Ending Political, Electoral and Social Issue Advertising in the EU
- EUR-Lex – Verordnung (EU) 2024/900: Transparency and targeting of political advertising
- ORF.at: Meta stoppt politische Werbung in EU
- AP News: Meta will cease political ads in European Union by fall, blaming bloc’s new rules
- Reuters: Meta to halt political advertising in EU in October, blames EU rules
- Axios: Meta will no longer accept political, election or issue ads in EU
- Wall Street Journal: Meta to Halt Political Advertising in EU, Citing Transparency Rules